5 | Die Urminus-Hinweise
Bei der Entwicklung unseres persönlichen Weltbildes neigen wir bekanntlich dazu, mitunter nur das zu sehen, was wir sehen wollen und Zusammenhänge auszumachen, wo gar keine sind. Was nicht (ins Bild) passt, wird auch mal passend gemacht – schließlich ist es einfacher, sich das ein oder andere zurechtzubiegen, als die eigenen vertrauten Ansichten kritisch zu hinterfragen, geschweige denn komplett neu zu denken.
Warum ich das an dieser Stelle schreibe? Für meine Sicht der Dinge ist die Minus- und Plus-Subsumtion aus Beitrag 4 von elementarer Bedeutung, und die enthaltenen Zuordnungen sind in meinen Augen plausibel begründet. Doch ein Restzweifel bleibt immer. Sehe ich hier möglicherweise Zusammenhänge, wo gar keine sind?
Wie bereits erwähnt sind die angekündigten, gleich folgenden Hinweise darauf, dass die Polarität in Minus wurzelt, als solche erst auf Grundlage der Minus- und Plus-Zuordnungen erkennbar, und die Erkenntnisse zum Ursprung der Gegensätzlichkeit wiederum bilden das Muster, welches den Hintergrund meines persönlichen Weltbildes schmückt. Auch hier stellt sich mir die Frage, ob es dieses Muster tatsächlich gibt. Oder sehe ich es nur, weil ich es so gerne sehen will?
Vielleicht sind die Verknüpfungen aus der Minus- und Plus-Subsumtion in deinen Augen haltlos – oder auch darauf aufbauende Schlüsse, die ich noch niederschreiben werde. Falls dem so ist, würde ich mich sehr freuen, wenn du mir deine Kritikpunkte sendest (siehe Unterseite Kontakt).
Die Beziehung von Gegensatzpaaren wird oftmals mit den zwei Seiten der Medaille versinnbildlicht – zwei Seiten, eine Vorder- und eine Rückseite (auch Kehrseite genannt), welche sich gegenseitig vervollständigen und gemeinsam, paarig sowie gleichwertig ein Ganzes bilden. Ich finde diese Metapher schön und bis zu einem gewissen Grad durchaus passend, doch wie es Vergleiche für gewöhnlich an sich haben, vermag auch dieser lediglich ein oberflächliches Verständnis herzustellen. Schaue ich mir die Zuordnungen aus Beitrag 4 genauer an, wird ersichtlich, dass Minus in der Reihenfolge vor Plus einzuordnen ist – eine entscheidende Eigenschaft, welche die Medaillen-Metapher nicht hergibt.
Nach innen versus nach außen
Die Ausdehnung des Universums wird zur Veranschaulichung häufig durch das Aufblasen eines Luftballons dargestellt. Inwieweit es sich hierbei um einen treffenden Vergleich handelt, sei mal dahingestellt, dennoch greife ich dieses Beispiel auf, weil es diese beiden Richtungen beinhaltet – nach innen und nach außen. Was machen wir, um möglichst viel und lange pusten zu können? Wir atmen vorher tief ein. Unsere Atmung verläuft zyklisch, Ein- und Ausatmung wechseln sich ab, doch es beginnt – wenn man sich ein Neugeborenes vorstellt – mit dem ersten Einatmen (nach innen = Minus), welches das erste Ausatmen (nach außen = Plus) erst ermöglicht. Dies ist vergleichbar mit dem Spannen eines Bogens in Richtung des Schützen, bevor dieser einen Pfeil abschießt. Diese Vorgänge weisen für mich eindeutig darauf hin: Das nach innen Zeigende, also Minus, steht in der Reihenfolge vor dem nach außen Zeigenden, also Plus. Und das nach außen Zeigende, also Plus, geht aus dem nach innen Zeigenden, also Minus, hervor.
Weiblich versus männlich
Ein weiterer Hinweis ist erneut bei uns selbst zu finden. Was schreibe ich da? Nicht nur beim Menschen, fast ausschließlich bei allen höher entwickelten Lebewesen auf diesem Planeten ist es dem weiblichen Geschlecht vorbehalten, neues Leben hervorzubringen. Hierbei handelt es sich um die Eigenschaft, welche das Weibliche auch als solches definiert. Es gibt bekanntlich auch andere Arten der Fortpflanzung, doch bei dieser zweigeschlechtlichen Reproduktionsform, bei der die Polarität männlich und weiblich involviert ist, bringt in der Regel das weibliche Geschlecht, welches eindeutig der Minus-Seite zugeordnet wurde, nicht nur weibliches, sondern auch männliches Leben zur Welt, und das männliche Geschlecht wurde eindeutig der Plus-Seite zugeordnet. Somit zeigt auch dieser Vorgang für mich: Minus steht in der Reihenfolge vor Plus, und Plus geht aus Minus hervor.
Subtraktion und Division versus Addition und Multiplikation
Bereits in der Schule lernen wir: Man erhält Plus, wenn man Minus mit Minus multipliziert, aber andersherum kommt kein Minus heraus, wenn man Plus mit Plus multipliziert. Anders als viele glauben handelt es sich hierbei um kein mathematisches Gesetz, sondern lediglich um eine Definition. Somit ist dies nicht als ein Anhaltspunkt dafür zu werten, dass Minus vor Plus kommt und Plus ursprünglich aus Minus entstanden ist. Doch auch in der Mathematik wird man auf der Suche nach Hinweisen fündig. Wie bereits begründet, ist die Division und Subtraktion der Minus-Seite zugeordnet und die Multiplikation und Addition der Plus-Seite. Ausgehend von nur einem Anfangswert – wie wir auch von nur einem Ursprung des Universums ausgehen – kann (egal wie hoch der Anfangswert auch sein mag) zu Beginn noch keine Multiplikation oder Addition durchgeführt werden, da es keinen weiteren Wert gibt, den man zur Multiplikation oder Addition heranziehen könnte. Hat man nur einen Anfangswert, bedarf es zunächst einmal einer Division oder Subtraktion, um einen weiteren Wert aus dem Ausgangswert zu erhalten. Division und Subtraktion sind im Gegensatz zur Multiplikation und Addition interne Vorgänge, die keinen weiteren, externen Wert benötigen – kurzum: Minus kommt vor Plus.
Adenin und Guanin versus Thymin und Cytosin
Da alles im Universum Existente (also auch die Polarität) mit dem Ursprung des Universums zusammenhängt und völlig unabhängig vom jeweiligen Entstehungszeitpunkt alles in der Welt Befindliche auf diesen einen Ursprung von allem Folgenden zurückzuführen ist, brauchte es – wie oben im Beispiel aus der Mathematik beschrieben – ebenfalls zunächst Teilungen oder Trennungen (= Minus), denn ohne Teilungen oder Trennungen gäbe es weder Teile noch Verbindungen (= Plus), und ohne Teile und Verbindungen gäbe es auch keine Gegenteile, Gegenstücke oder Gegensatzpaare.
Diese Abfolge – Teilung vor Verbindung – ist sogar bei uns im Rahmen der Zellteilung zu beobachten. Hierbei werden im Zuge der Replikation aus einer DNS-Doppelhelix bekanntlich zwei hergestellt. Dafür werden die beiden Stränge der DNS-Doppelhelix, die Träger unserer Erbinformationen, zunächst voneinander getrennt, bevor für jeden Einzelstrang wieder ein zweiter Strang ergänzt und über Wasserstoffbrücken zu einer Doppelhelix verbunden wird – aus 1 wird 2. Um dies zu erreichen, wird der Einzelstrang kopiert, aber nicht 1:1, sondern komplementär. Das erste Paar bilden die Basen Adenin und Thymin und das zweite Paar die Basen Guanin und Cytosin. Befindet sich auf der Seite des Einzelstrangs, der als Vorlage dient, beispielsweise die Base Adenin, dann wird auf der gegenüberliegenden Seite, also für den Partnerstrang, das passende Pendant von Adenin, nämlich die Base Thymin ergänzt.
Somit ist die Zellteilung nicht nur ein weiterer Hinweis darauf, dass Teilung vor Verbindung, also Minus in der Reihenfolge vor Plus, einzuordnen ist. Die DNA-Verdopplung ist zudem der Beweis dafür, dass die Natur tatsächlich in der Lage ist – hier durch komplementäres Kopieren – aus einem Ausgangsstück, in diesem Fall den Einzelstrang, das passende Gegenstück, den Partnerstrang herzustellen, und dies findet allein auf unserer Erde mit unzähligen Wiederholungen statt.
Die zwei Arten der Neutralität
Expansion des Alls, Atmung, Reproduktion, Addition und Subtraktion, DNS-Replikation: Du siehst, infolge der Suche nach Hinweisen auf die Entstehung der Polarität – insbesondere auch mithilfe der Minus- und Plus-Subsumtion – werden Prozesse in Zusammenhang gebracht, die auf den ersten flüchtigen Blick keine enge Verbindung untereinander erahnen lassen. Dennoch ist es wichtig, auch die andere Variante in Betracht zu ziehen und zu ermitteln, ob es auch Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Polarität doch nicht in Minus wurzelt, sondern in einer Neutralität. Dies führt unweigerlich zu einem Problem auf der Begriffsebene, denn in der deutschen Sprache fehlt eine wichtige Unterscheidung zwischen zwei unterschiedlichen Arten der Neutralität. Bei der ersten Form, ich nenne sie die Null-Neutralität, fehlt jegliche Polarität. Die zweite Form dagegen, ich nenne sie die Plusminus-Polarität, kommt zustande, wenn zwei Pole involviert sind, welche sich gegenseitig neutralisieren. Gehe ich der Frage nach der Entstehung der Gegensätzlichkeit nach, ist für mich selbstredend nur die Null-Neutralität von Interesse, denn bei der Plusminus-Neutralität ist die Polarität ja bereits existent.
Ein in diesem Zusammenhang passendes Beispiel ist der sogenannte Beta-Minus-Zerfall, im Rahmen dessen sich ein Neutron in ein Elektron, in ein Proton und in ein Neutrino umwandelt. Zwar ist das Neutron nach außen hin ein Teilchen ohne elektrische Ladung, doch es enthält sowohl positiv als auch negativ geladene Quarks. Da das Neutron also Polarität beinhaltet, handelt es sich bei diesem Prozess in meinen Augen um keinen Hinweis auf den Ursprung der Polarität. Ich persönlich kenne auch keinen Vorgang o. Ä., der davon zeugt, dass die Gegensätzlichkeit einer Null-Neutralität entsprungen sein könnte. Falls du Hinweise kennst, die hierfür sprechen, dann würde ich mich sehr freuen, wenn du mir diese senden könntest (siehe Unterseite Kontakt).
Doch selbst wenn die Polarität in keiner Null-Neutralität wurzeln sollte, sondern stattdessen in einem (Ur)minus, warum ist diese Unterscheidung denn so wichtig? Wieso handelt es sich meines Erachtens bei der Frage nach der Entstehung der Polarität um diese eine besondere Schlüsselfrage? Dazu komme ich dann im nächsten Beitrag.
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